Wie Unternehmen 2025 mit rezeptfreien Präparaten Ausfallzeiten mindern und Kosten senken:
Deutschlands Betriebe verlieren Jahr für Jahr Millionen Arbeitstage, weil Mitarbeitende wegen Bagatellerkrankungen zuhause bleiben. Laut aktuellen Fehlzeitenreports entfallen mehr als 40 % aller Krankmeldungen auf akute Atemwegs- oder Schmerzepisoden.
Gerade hier greift die Selbstmedikation mit OTC-Arzneimitteln – und entlastet sowohl das Gesundheitssystem als auch Personalbudgets. 2024 wurden in Deutschland bereits 1,03 Milliarden Packungen rezeptfreier Arzneimittel verkauft; der Umsatz knackte erstmals die Marke von 12 Milliarden Euro.
Was hinter „OTC“ steckt
„Over the Counter“ bezeichnet sämtliche Medikamente, die ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen. Sie fallen in zwei Gruppen:
- Apothekenpflichtige OTCs – nur über Präsenz- oder Versandapotheken erhältlich
- Freiverkäufliche OTCs – z. B. einfache Vitamine, erhältlich auch in Drogerien
Für Unternehmen entscheidend: OTC-Packungen werden in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Wird die Belegschaft also mit geeigneten Präparaten ausgestattet – etwa durch ein betriebliches Gesundheitsbudget – zahlt nicht der Versicherer, sondern das Unternehmen oder der Mitarbeitende. Gleichzeitig ist der Nutzen messbar: schnelle Symptomlinderung, weniger Arztbesuche und signifikant weniger Arbeitsunfähigkeitstage.
Regulatorisches Update 2023
Seit den Reformen des GKV-Modernisierungsgesetzes (2004) galt: Was rezeptfrei erhältlich ist, wird in der Regel nicht auf Kasse verordnet. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat jedoch am 21. September 2023 präzisiert, dass verschreibungspflichtige Packungsgrößen desselben Wirkstoffs ökonomisch vertretbar sein können, wenn OTC-Packungen für eine ausreichende Versorgung nicht ausreichen – etwa bei häufigen Migräneattacken und Triptanen.
Für Betriebs- und Werksärzte eröffnet das einen rechtssicheren Spielraum, chronisch Betroffene trotzdem effizient zu versorgen.
Corporate-Health-Praxis: Vier Einsatzfelder für OTC-Arzneimittel
Einsatzfeld | Typische Präparate | Nutzen fürs Unternehmen |
Erkältungswelle im Büro | Ibuprofen ≤ 400 mg, Nasensprays, Hustenlöser | Kürzere Ausfälle, geringeres Ansteckungsrisiko |
Home-Office-Kits | Analgetika, Antazida, Allergietabletten | Gleiches Gesundheitsniveau bei Remote-Teams |
Erste-Hilfe-Station | Desinfektionsspray, Wund- und Heilsalbe | Rechtssichere Grundversorgung am Standort |
Benefit-Programme | Vitamin-D-Tabletten, Phytopharmaka | Attraktivität als Arbeitgeber, steuerbegünstigte Sachbezüge |
Digitaler OTC-Workflow
Noch vor wenigen Jahren musste der Betriebsarzt physisch in die nächste Apotheke. Heute läuft die Beschaffung von rezeptfreien Arzneimitteln vollständig online: Über Versandapotheken kann in wenigen Klicks der komplette Monatsbedarf in einem einzigen Warenkorb zusammengestellt und bestellt werden. OTC-Präparate sind rezeptfrei; sollen zusätzlich verschreibungspflichtige Packungen mitgeliefert werden, können e-Rezepte einfach per Upload übermittelt werden.
Wirtschaftlichkeit und Regresssicherheit
Die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) verpflichtet Vertragsärztinnen und -ärzte, wirtschaftlich zu verordnen. Für Betriebe bedeutet das zweierlei:
- Grünes Rezept statt GKV-Verordnung
Wer Mitarbeitenden OTC-Produkte empfehlen will, greift auf das grüne Privatrezept zurück – der Mitarbeitende zahlt, die Firma kann Kosten freiwillig erstatten.
- Dokumentationspflicht bei Rx-Packungen
Wird eine größere, verschreibungspflichtige Packungsgröße gewählt, sollte der medizinische Dienst des Betriebs die Indikation und den Bedarf nachvollziehbar festhalten, um Rückforderungen der Kassen zu vermeiden.
Qualitätssicherung in der Lieferkette
Datenspezialisten wie Insight Health und DatamedIQ erfassen permanent Offizin- und Versanddaten von rund 6 000 Apotheken sowie den großen E-Commerce-Playern. Das Resultat sind hochgerechnete Verkaufsrankings und Engpassfrühwarnungen. Betriebe können diese Marktdaten nutzen, um Hausapotheken zielgenau zu bestücken und Lieferengpässe proaktiv abzufedern.
Integration in das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM)
Ein modernes BGM verknüpft OTC-Arzneimittel heute mit drei Bausteinen:
- Prävention – Vitamin-D-Programme in lichtarmen Monaten oder Probiotika zur Erkältungsvorbeugung.
- Akutversorgung – Standardisierte Hausapotheken mit klaren Freigabeprozessen; QR-Codes auf der Verpackung verweisen auf Beipackzettel-Videos.
- Reporting – Digitale Formulare erfassen, welche Präparate wann und warum ausgegeben wurden. Trendanalysen decken Fehlbedarfe im Lager auf.
Best-Practice-Leitfaden für den OTC-Einkauf
- Bedarfsanalyse: Prüfen Sie Fehlzeitenstatistiken und identifizieren Sie Indikationsschwerpunkte.
- Positivliste erstellen: Nutzen Sie die 20 Kategorien des ZEIT/Statista-Rankings als Qualitätsfilter.
- Lieferanten auditieren: Versandapotheken sollten GDP-konform liefern, Chargennachweise beilegen und temperaturgeführte Logistik anbieten.
- Verteilung regeln: Definieren Sie, wer im Betrieb OTCs ausgibt (z. B. Betriebssanitäter).
- Monitoring & Review: Evaluieren Sie Verbrauch und Ausfalltage jährlich; passen Sie die Positivliste an neue Leitlinien an.
Ausblick: OTC und New Work
Mit hybriden Arbeitsmodellen verschiebt sich Gesundheitsversorgung immer stärker in den privaten Raum. Unternehmen, die OTC-Arzneimittel als Teil ihres Benefits-Portfolios etablieren, positionieren sich damit nicht nur als fürsorgliche Arbeitgebende, sondern schaffen messbar weniger Produktivitätsverluste. Durch smarte Beschaffungskanäle – etwa die zentrale Sammelbestellung über Shop-Apotheke – lassen sich die Prozesskosten zusätzlich minimieren und Compliance-Anforderungen lückenlos erfüllen. So wird die Selbstmedikation zur Win-win-Strategie für Belegschaft und Bilanz.