Wohnen & Haus

Wohnen am Friedrichshof/Zurndorf: Ein Ort der Gegensätze (Erfahrungsbericht)

Die malerische Natur, die dichten Baumwälder, die idyllische Ruhe, das eigene sprudelnde Brunnenwasser, und nicht zu vergessen, der private Badeteich, Grillplätze und eine Fülle von Freizeitmöglichkeiten wie ein Fußballplatz und ein reizvoller Joggingpfad – es klingt beinahe wie das Leben in einer exklusiven Ferienanlage.

Friedrichshof Geschichte – Otto Muehl Kommune

Doch der Friedrichshof hat eine facettenreiche Geschichte. Im Jahr 1972 erwarb eine Gruppe um den kontroversen Wiener Aktionisten Otto Muehl dieses Areal, das damals die beiden letzten verbliebenen Gebäude des k.u.k.-Friedrichshofs beherbergte. Sie schufen eine Kommune und entwarfen ein alternatives Gesellschafts- und Lebensmodell.
In den 1980er-Jahren zählte die Gemeinschaft rund 600 Mitglieder, die in etwa 20 Stadtkommunen über ganz Europa verteilt lebten. Der Friedrichshof diente als ihr zentraler Treffpunkt.
Über die Jahre hinweg verwandelte sich das Gelände in eine weitläufige Anlage mit Wohnmöglichkeiten, eingebettet in eine parkähnliche Landschaft. Hier entstanden zahlreiche Sport- und Freizeiteinrichtungen. Doch im Jahr 1990 löste sich die Kommune auf und übertrug ihren Besitz an die Wohnungsgenossenschaft Friedrichshof. Viele ehemalige Mitglieder verließen daraufhin diesen besonderen Ort.
Der Friedrichshof wandelte sich in eine Heimat für preisbewusstes Wohnen und inspirierende Seminare. Nach einer Phase der Umorientierung zog er Menschen aus aller Welt an, die hier arbeiten und leben wollten. Heute beherbergt der Friedrichshof rund 200 Bewohner aus mehr als zehn verschiedenen Nationen.

Wohnungsgenossenschaft Friedrichshof

Die Wohnungsgenossenschaft Friedrichshof entwickelte von Anfang an innovative Nutzungskonzepte und öffnete das Areal für vielfältige Einrichtungen. Doch wie so oft im Leben gibt es nicht nur Vorzüge, sondern auch Nachteile.
Die Deckenhöhen in den Gebäuden überragen stellenweise 4,5 Meter, was das Finden und Aufhängen von Vorhängen zu einer kleinen Herausforderung macht. Die alten Fenster können bei starkem Wind ziehen, und da die Gebäude ursprünglich für das Leben in Gemeinschaften konzipiert wurden, gibt es wenig Schallschutz.
Geräusche werden durch die Heizungsrohre leicht an die Nachbarn weitergegeben. Es dauerte nicht lange, bis sich die Nachbarn über und unter meiner Wohnung über Lärm beschwerten. Aus diesem Grund konnte ich meinen Hund in den ersten Wochen nicht alleine lassen, aus Sorge, dass sein Gebell die Nachbarn stören könnte.
Doch es gibt noch andere Aspekte, die ich in Bezug auf meinen Lebensstil nicht bedacht hatte. Ich bestelle regelmäßig bei Amazon, aber da der Friedrichshof eine autofreie Zone ist, finden viele Lieferanten nicht den Weg zu meiner Wohnung. Dies führt zu zeitaufwendigen Telefonaten und Erklärungen.
Und selbst wenn ein Lieferant den Weg bis zur Treppe findet, gibt es weitere Hürden zu überwinden. Der Aufzug erfordert spezielle Schlüssel, und um zu meiner Wohnung im zweiten Stock zu gelangen, muss man durch eine unbeschriftete Durchgangstür und einen langen Gang gehen. Die meisten Lieferanten verirren sich und landen auf dem Gang.
Wenn man einkaufen geht, muss man die Einkäufe 150 Meter zu Fuß bis zur Wohnung schleppen – ein Unterschied zu einem Haus, wo man direkt vor der Tür parken kann. Dies mag wie ein Luxusproblem erscheinen, es sei denn, man hat einen lebhaften Jack Russell Terrier, der an der Leine zieht, während man zwei Einkaufstüten in der Hand trägt.
Die Umgebung ist zweifellos schön, aber ohne Auto fühlt man sich hier manchmal isoliert. Ich konnte zwei Monate lang nicht ins Fitnessstudio gehen, da der Weg von der Autobahn lang und beschwerlich war, einspurig und gesäumt von Hasen, Rehen und Fasanen.
Friedrichshof Badeteich

Friedrichshof Badeteich

Bereits nach drei Wochen wusste ich, dass der Friedrichshof nicht der richtige Ort für mich ist, um glücklich zu sein. Jeder, der erwägt, zum Friedrichshof in Zurndorf zu ziehen, sollte dies dreimal überdenken. Hier vereinen sich die Vorzüge der Natur und Gemeinschaft mit einigen unerwarteten Herausforderungen.

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