Die Stimme eines Forschers
Wenn Harald Walach spricht, klingt es selten nach einer nüchternen Vorlesung. Seine Gedanken entfalten sich in sorgfältig gebauten Sätzen, manchmal verschlungen, dann wieder überraschend klar und pointiert. Es ist die Sprache eines Forschers, der gewohnt ist, tiefer zu graben. Und doch spürt man sofort: Ihm geht es nicht nur um Daten und Tabellen, sondern um das Ganze, um den Menschen, um Bewusstsein und Erfahrung.
Zwischen Psychologie und Philosophie
Sein Lebensweg entfernte sich bereits früh von den konventionellen Bahnen. In Basel promovierte er in Klinischer Psychologie, in Wien schloss er mit einem zweiten Doktortitel in Wissenschaftsgeschichte ab. Zwei Disziplinen, die nicht oft zusammenfinden, aber für Walach selbstverständlich ineinandergreifen. Von Beginn an interessierte ihn nicht allein die Therapie, sondern die große Frage, was Heilung eigentlich bedeutet und wie man das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Ganzen verstehen kann.
Ein Institut als Labor für neue Ideen
An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) gründete und leitete er das Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften. Dort wurde sein Forschergeist zu einem organisatorischen Talent: Er schuf Räume, in denen Ärzte, Psychologen, Philosophen und Vertreter alternativer Heilmethoden miteinander ins Gespräch kamen. Nicht, um Gegensätze zu betonen, sondern um neue Brücken zu bauen.
Wissenschaft in neuen Bildern
Walach ist bekannt dafür, wissenschaftliche Prinzipien in ungewohnte Zusammenhänge zu stellen. Mit der sogenannten „Generalisierten Quantentheorie“ versuchte er, Denkfiguren der modernen Physik wie Komplementarität oder Verschränkung auf Fragen des Bewusstseins zu übertragen. Für manche war das ein gewagter Schritt, für andere ein faszinierender Versuch, eine Sprache für Phänomene zu finden, die sich der klassischen Messbarkeit entziehen. Seine zahlreichen Publikationen spiegeln diese Haltung wider: Den Drang, dort weiterzudenken, wo Gewissheiten enden. Sein erkenntnistheoretischer Grundsatz heisst: Wissenschaft und Erkenntnis verändert sich vor allem von den Rändern dessen, was wir momentan wissen und verstehen.
Die persönliche Handschrift
In Gesprächen wirkt Harald Walach beharrlich, manchmal unbequemer Fragesteller, doch nie dogmatisch. Konflikte scheinen ihn nicht zu ermüden, sondern zu schärfen. Wo andere den Diskurs verlassen, bleibt er am Ball, tastet nach neuen Blickwinkeln und insistiert darauf, dass offene Fragen ihren Platz haben. Wissenschaft versteht er nicht als fertiges System von Regeln, sondern als lebendigen Austausch, der gerade dort seinen Wert entfaltet, wo Unsicherheit herrscht.
Mehr als ein Wissenschaftler
Hinter den Büchern und Artikeln steht ein Mensch, der sich nicht mit dem Offensichtlichen zufriedengibt. Walach vereint die Präzision des Psychologen mit dem weiten Horizont des Philosophen. In seiner Haltung klingt zugleich etwas von spiritueller Suchbewegung an, die ihn nie losgelassen hat. Wer ihm begegnet, merkt schnell, dass es ihm nicht nur um abstrakte Modelle geht, sondern immer auch um das, was Menschen tatsächlich erfahren. Darin liegt die eigentliche Stärke seiner Arbeit: Sie erinnert daran, dass Wissenschaft kein starres Gebäude ist, sondern ein Weg, die Welt und das eigene Leben tiefer zu verstehen.